Hans Gerhard Evers (Hrsg.)
1. Darmstädter Gespräch 1950: „Das Menschenbild in unserer Zeit”, Tagungsband
Herausgegeben im Auftrag des Magistrats der Stadt Darmstadt und des Komitees Darmstädter Gespräch 1950 von Hans Gerhard Evers
Neue Darmstädter Verlagsanstalt GmbH, Darmstadt 1950
Zum Download des Tagungsbands des 1. Darmstädter Gesprächs (14 MB)
Digitalisiert und hier zum Download bereit gestellt mit freundlicher Genehmigung der Neuen Darmstädter Verlagsanstalt (NDV), Herrn Andreas Holzapfel.
Die Darmstädter Gespräche
Besondere Bedeutung im Wirken von Hans Gerhard Evers sowie für seine Rolle im Kulturleben der Stadt Darmstadt hatte seine maßgebliche Teilhabe an den „Darmstädter Gesprächen”. Diese fanden von 1950 bis 1968 insgesamt zehn Mal zu wechselnden Themen in Trägerschaft der Stadt sowie ihrer kulturpolitischen Institutionen statt. Mehrere dieser öffentlichen Podiumsgespräche waren von Kunstausstellungen zum jeweiligen Thema begleitet; alle wurden in entsprechenden Protokollbänden und ggf. Ausstellungskatalogen dokumentiert. In der unmittelbaren Nachkriegszeit leisteten sie einen wesentlichen Beitrag zur Neubegründung einer intellektuellen Diskussionskultur in Deutschland. Die Auswahl der Themen sowie der Vortragenden oblag einem Komitee mit wechselnder Zusammensetzung; nur Evers gehörte dem Komitee von Beginn und über seine Emeritierung 1968 hinaus kontinuierlich an.
Unter den meist dreitägigen, öffentlichen Foren im Spannungsfeld zwischen Kunst, Politik, Philosophie und Ethik setzte gleich das erste Darmstädter Gespräch im Juli 1950 zum Thema „Das Menschenbild in unserer Zeit” bleibende Maßstäbe. Die Organisation und Gesprächsleitung hatte Evers unmittelbar nach seiner Berufung auf den Lehrstuhl für Kunstgeschichte in Darmstadt übernommen. In weniger als vier Monaten verwirklichte er ein Programm mit namhaften Geistesgrößen der Zeit, das bewusst auf die Spannung zwischen gegensätzlichen Sichtweisen setzte. Entsprechend hitzig verlief das daraus folgende Streitgespräch zwischen Befürwortern und Gegnern der abstrakten Kunst, wobei Evers sich als umsichtiger Gesprächsleiter bewährte. Legendär wurde insbesondere die erbitterte Auseinandersetzung zwischen Willi Baumeister als Vertreter der Modernen Kunst und Hans Sedlmayr, der darin den „Verlust der Mitte” sah. 1)2)
Das enorme öffentliche Interesse gerade am 1. Darmstädter Gespräch gründete auch in dessen Charakter als Stellvertreterdiskussion über Gesellschaftsentwürfe nach dem Ende des NS-Regimes, in dem nicht-gegenständliche Kunst verfemt gewesen war. Dass Evers die offenkundigen politischen Konnotationen der Debatte unter dem Postulat einer vermeintlich objektiv-neutralen Wissenschaft auszuklammern suchte, war der Preis dafür, in der geistigen Gestimmtheit der Zeit überhaupt wieder unterschiedliche Positionen und (oftmals belastete) Personen miteinander ins Gespräch zu bringen. Parallel zu dem Gespräch fand vom 15. Juli bis zum 3. September 1950 auf der Mathildenhöhe in Darmstadt auch eine ebenso beachtete Kunstausstellungung der "Neuen Darmstätter Sezession" zu dem gleichen Thema "Das Menschenbild in unserer Zeit" statt.
Mit seiner zentralen Rolle bei diesem ersten Darmstädter Gespräch sowie seiner konzeptionellen Mitwirkung in allen Folgeveranstaltungen sicherte Evers seinem Institut wie auch sich selber eine bleibende Stellung als geschätzte Instanz im Kulturbetrieb der Stadt Darmstadt. Beim 10. Darmstädter Gespräch „Mensch und Menschenbilder“ übernahm Evers noch einmal Teile der Gesprächsleitung.
Zeitgleich mit seiner Emeritierung kam es nach 1968 zu einer Unterbrechung in der Reihe der Darmstädter Gespräche. Versuche der Wiederbelebung 1975, 1995 und 2001 konnten an die Strahlkraft der früheren Gespräche nicht mehr anschließen.
- Prof. Dr. Hans Gerhard Evers, Darmstadt – S. 87
- Dr. Franz Roh, München – S. 88
- Prof. Dr. Gustav F. Hartlaub, Heidelberg – S. 92
- Dr. Georg Gustav Wieszner, Nürnberg – S. 95
- Prof. Dr. Hans Sedlmayr, Wien – S. 97
- Prof. D. Adolf Köberle, Tübingen – S. 99
- Prof. Willi Baumeister, Stuttgart – S. 100
- Dr. Walter Winkler, Tübingen – S. 100
- Conrad Westpfahl, München – S. 103
- Dr. Alexander Mitscherlich, Heidelberg – S. 105
- Dr. Dieter Wyss, Heidelberg – S. 108
- Kurt Leonhard, Esslingen – S. 109
- Prof. Dr. Dr. Hermann Weidhaas, Weimar – S. 113
- Dr. Richard Benz, Heidelberg – S. 117
- Prof. Dr. Hans Hildebrandt, Stuttgart – S. 120
- Dr. med. Walter Winkler, Tübingen – S. 123
- Prof. Johannes Itten, Zürich – S. 156
- Conrad Westpfahl, München – S. 157
- Frau Dr. Hildegard Stromberger, Hamburg – S. 162
- Ein junger Maler – S. 163
- Rolf Cavael, Garmisch – S. 165
- Dr. Boris Kleint, Saarbrücken – S. 168
- Werner Arndt, Eisenbach (Taunus) – S. 171
- Hans Mettel, Frankfurt a. M. – S. 172
- Ein anderer junger Künstler – S. 173
- Friedrich Bernhardt, Dieburg – S. 175
- Erwin Frhr. von Löw, Niederflorstadt – S. 178
- Dr. Karl Stromberger, Hamburg – S. 183
- Prof Dr. Hans Gerhard Evers, Darmstadt – S. 189
- Conrad Westpfahl, München – S. 190
- Prof. Dr. Theodor W. Adorno, Frankfurt a. M. – S. 193
- Dr. Franz Roh, München – S. 195
- Kurt Leonhard, Esslingen – S. 197
- Prof. Dr. Gustav F. Hartlaub, Heidelberg – S. 199
- Dr. Wilhelm Köhler, Darmstadt – S. 201
- Dr. Adolf Schmoll gen. Eisenwerth, Darmstadt – S. 203
- Prof. Dr. Hans Sedlmayer, Wien – S. 204
- Frau Dr. Juliane Roh, München – S. 213
- Prof. Dr. Hans Hildebrandt, Stuttgart – S. 225
Die Kenntnis über den weit über die Gesprächsleitung hinausgehenden Einfluss von Evers gerade auch für das 1. Darmstädter Gespräch verdanken wir der Forschungsarbeit von Dr. Lisa Beißwanger im Rahmen des Forschungsprojekts zur Geschichte der Kunstgeschichte an der TU Darmstadt 2019-2021, veröffentlicht in dem Band: Lisa Beißwanger, Alexandra Karentzos, Christiane Salge (Hrsg.), „Zwischen Enklave und Vernetzung – Kunstgeschichte an der TU Darmstadt”. Den Darmstädter Gesprächen widmet sich insbesondere der Aufsatz:
Lisa Beißwanger: „Zwischen Hochschule, Kunstinstitutionen und Stadtverwaltung – Hans Gerhard Evers und die gesellschaftspolitische Dimension der Darmstädter Gespräche”
Eine zeitgenössische Zusammenfassung und Rezension des 1. Darmstädter Gesprächs hat Walter Heß in der Kunstchronik. Monatsschrift für Kunstwissenschaft, Museumswesen und Denkmalpflege, Jg. 3 Nr. 9 (1950) veröffentlich.
Eine chronologische Auflistung aller Themen und namhaften Teilnehmenden findet sich in Wikipedia unter „Darmstädter Gespräche“
Ein Inhaltsverzeichnis war dem Tagungsband zu 1950 nicht beigefügt. Die nachfolgende für diese Webseite erstellte Aufstellung soll dies bestmöglich ersetzen.
Inhaltsübersicht
Die Ausstellungveranstaltet von der Neuen Darmstädter Sezession vom 15.07. bis 3.09.1950 auf der Mathildenhöhe in Darmstadt |
5 |
Ernst Schröder (Bürgermeister): Begrüßung zur Ausstellung: | 7 |
Kurt Heyd (Neue Darmstädter Sezession): Eröffnung der Ausstellung | 9 |
Dr. Adolf Schmoll gen. Eisenwerth: Zum Thema der Ausstellung | 11 |
Die Jury | 15 |
Liste der ausstellenden Künstler | 16 |
Ausgewählte Reproduktionen | 19 |
Das Gesprächgeführt vom 15. bis 17 Juli 1950 in der Stadthalle in Darmstadt |
27 |
Das Komitee Darmstädter Gespräch | 27 |
Zeitliche Gliederung des Gesprächs | 28 |
Samstag abend |
|
Prof. Dr. Hans Gerhard Evers, Darmstadt: Eröffnung | 29 |
Prof. Johannes Itten, Zürich: „Über die Möglichkeiten der modernen Kunst” | 31 |
Professor Dr. Hans Sedlmayr, Wien: „Über die Gefahren der modernen Kunst” | 48 |
Sonntag vormittag |
|
Prof. D. Adolf Kölberle, Tübingen: „Das Menschenbild in unserer Zeit“ in der Sicht der Theologie | 63 |
Prof. Dr. Alfred Weber, Heidelberg: „Das Menschenbild in unserer Zeit“ in der Sicht der Soziologie | 64 |
Dr. Alexander Mitscherlich, Heidelberg: „Das Menschenbild in unserer Zeit“ in der Sicht der Medizin | 70 |
Prof. Dr. W. E. Ankel, Darmstadt: „Das Menschenbild in unserer Zeit“ in der Sicht der Biologie | 75 |
Prof. Dr. Karl Holzamer, Mainz: „Das Menschenbild in unserer Zeit“ in der Sicht der Philosophie | 79 |
Sonntag nachmittag |
|
Öffentliche
Diskussion von Kunsthistorikern und Kunstschriftstellern über die Antithesen
des Vorabends
Die Teilnehmenden der Diskussion mit ihrem jeweils ersten Wortbeitrag |
87 |
Sonntag abend |
|
Dr. Ottomar Domnick, Stuttgart: (eine Entgegnung auf Sedlmayr) | 129 |
Prof. Willi
Baumeister, Stuttgart: Vorbemerkung: Weil Hans Sedlmayer den Raum verlassen hatte, verzichtete Willi Baumeister auf seine vorbereitete Rede und improvisierte stattdessen im Austausch mit dem Publikum zum Thema: „Wie steht die „gegenstandslose" Kunst zum Menschenbild?” |
134 |
Prof. Willi
Baumeister, Stuttgart: Das Manuskript der (nicht live gehaltenen) Ansprache, die Willi Baumeister vorbereitet hatte, wurde dennoch abgedruckt: „Verteidigung der modernen Kunst gegen Hans Sedlmayr und Wilhelm Hausenstein” |
146 |
Prof. Dr. Hans Sedlmayr, Wien: „Schriftliche Entgegnung auf die nur schriftlich eingereichte Ansprache Willi Baumeisters” | 155 |
Montag vormittag |
|
Diskussion
der Künstler Die Teilnehmenden der Diskussion mit ihrem jeweils ersten Wortbeitrag |
156 |
Montag nachmittag |
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Schlussgespräch
aller Teilnehmer Die Teilnehmenden der Diskussion mit ihrem jeweils ersten Wortbeitrag |
189 |
Montag abend |
|
Prof. Dr.
Gotthard Jedlicka, Zürich Den am Abend gehaltenen Abschlussvortrag „Wo steht die außerdeutsche Kunst?” lies Herr Jedlicka im Tagungsband nicht abdrucken, weil er nur mit reicher Bebilderung verständlich gewesen wäre. Dies war drucktechnisch nicht realisierbar. Stattdessen trug Herr Jedlicka mit seinen Aufzeichnungen während des Tagungsverlauf zum Tagungsband bei: „Zur Kunst der Gegenwart, Aufzeichnungen zum „Darmstädter Gespräch" |
229 |
Kurze biografische Angaben |
241 |
Namen- und Stichwortverzeichnis |
243 |
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1) Im privaten Gespräch am häuslichen Esstisch positionierte sich Evers deutlich gegen Sedlmayer, und auch in seiner eigenen Arbeit wusste er die moderne Kunst immer wertzuschätzen. In der Rolle des moderierenden Gesprächleiters bemühte er sich aber um Ausgleich und legte Wert darauf, gerade auch den gegensätzlichen Positionen Gehör zu verschaffen.
2) "Verlust der Mitte" war der Titel eines 1948 erschienenen, konservativ-kulturkristischen Buchs von Hans Sedlmayr. Siehe Wikipedia.